DVDs
Presse

Pressestimmen zur Uraufführung


Aus Pressestimmen zur Uraufführung am 22. Juni 2002 in München, Herkulessaal der Residenz im Rahmen der Konzertreihe "musica viva"

"… Sopranistin (Isolde Siebert), Solo-Schlagzeuger (Isao Nakamura), Sprecher (Michael Hirsch), Kinderstimmen, im Herkulessaal verteilte Chöre und Orchestermitglieder (und ein immenser Apparat auf der Bühne) – damit hat Dieter Schnebel ein Klangvolumen aufgeboten, das das seiner rund zweistündigen "Sinfonie X" übertrifft. "Ekstasis" führt mit einer für Schnebel sehr charakteristischen Haltung durch Zonen menschlicher Ekstase-Erfahrung. Dazu gehören das Treiben der Großstadt in immer wieder interpolierten Metropolis-Abschnitten, daneben stehen Beschwörung, Trance, Trunkenheit, Spiel, Angst, Tod. All dies hat sein musikalisches Vokabular, als geschichtlich ausgebildetes, als Topos, als bildhafte Umsetzung.
Das knapp einstündige Werk hat die Berechenbarkeit eines Abzählverses und bringt zugleich dessen unmittelbar suggestive Wirkung ein. Dadurch entzieht sich die Musik den Gefahrenmomenten musealen Abhakens. Schübe differenzierter ekstatischer Erfahrung überströmten den Raum, in Collagen von Schichtungen, katastrophischen Tumulten, obertöniger Verinnerlichung, in Formen des All-Erfassens und des Los-Lassens. Zugleich blieb das ganze Werk einheitlich und stringent in einem Lichte – dem der entgrenzten Erfahrung. Dirigent Lothar Zagrosek, Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks hatten alle Hände voll zu tun, der elementaren Wucht dieser Musik eine Kontur zu verleihen. Zu hören war ein großes Alterswerk Schnebels voller ungestümer Sinnenkraft, das Ekstase nicht nur abbildet, sondern sie auf zweiter und radikaler Ebene Wirklichkeit werden lässt."

Reinhard Schulz in Süddeutsche Zeitung vom 24. Juni 2002.

 

"…. "Ekstasis" ist ein Stück philosophischer Musik – ein musikphilosophischer Traktat eben zum (oder über das) Thema Ekstase", schreibt der Komponist Dieter Schnebel über sein überaus komplexes, etwa einstündiges Opus, das man erleben muss und nur schwer beschreiben kann. Als formale Annäherung ließe sich der Terminus "Oratorium" helfend heranziehen, zumal die Texte – außer auf Buber, Brecht, Hölderlin, Ovid – immer wieder auf die Bibel zurückgreifen, was beim – evangelischen – Theologen Schnebel nicht verwundert. Es ist ein Klangwerk voller Überraschungen: Es geschieht immer etwas, ausgehend von heterogenen, überall verteilten Klang- und Geräuschquellen, unterstrichen durch Lichteffekte. Nur schwer lässt sich die kunstvolle Überlagerung der Klänge verfolgen, aber die sinnliche Wahrnehmung beansprucht und überzeugt auch ohne tieferes Eindringen.
Dafür sorgten schon die Musiker des Rundfunk-Symphonieorchesters, der Rundfunkchor (dessen auf der Empore agierende Mitglieder sich bei der "Prozession" auf den Weg zur Bühne begaben), Michael Hirsch mit der Klarheit des gesprochenen Wortes und die beiden Solo-Ekstatiker Isolde Siebert (in virtuoser Sopranmelismatik) und Isao Nakamura, manchmal mitbrummend, am Schlag-Instrumentarium. Und inmitten von allem: der bewunderungswürdige Lothar Zagrosek am Pult, vervielfältigt über viele Monitore."

Karl Robert Brachtel in Münchner Merkur vom 24. Juni 2002.

 

"Die Konzerte der Musica Viva des BR sind wieder zu Labors des Experimentierens geworden. …. Dieter Schnebel … setzte ganz auf die emotionale Erlebnisfähigkeit des Hörers. Mit "Ekstasis" hat er ein Monumentalwerk geschaffen, das an zeitlicher Ausdehnung, Aufwand an Mitwirkenden und technischem Equipment seinesgleichen sucht. Er benötigt dies, um Ekstase in ihren unterschiedlichen Formen erlebbar zu machen: als religiöse, erotische, orgiastische oder auch Todes-Ekstase, immer wieder unterbrochen durch transzendentale Ruhepole von meditativer Entspannung.
Und wenn sich zur großen Schlussapotheose die BR-Symphoniker, der BR-Chor und der sportlich wirbelnde Schlagzeuger Isao Nakamura in gigantischen Klangballungen hineinsteigerten, dann lief dem Hörer das Gefühl eines weltumspannenden religiösen Rituals heiß und kalt über den Rücken. Dirigent Lothar Zagrosek hatte das alles sicher im Griff."

Rüdiger Schwarz in Abendzeitung vom 24. Juni 2002.